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Dummheit

Munir Alubaidi

 

Ich weiß es nicht, woher plötzlich diese Besessenheit kommt, die mich dazu bringt, dass ich in den kommenden Tagen mich umbringen werde. Generell bin ich keine melancholische Person. Trotzdem wiederholen sich wie ein hartnäckiges Pendel, manche dunkle Gedanken in meinem Kopf: tu es, tu es! Am Anfang war ich sicher, dass ich diesen Zustand irgendwie überwinden kann. Aber Schritt für Schritt habe ich aufgegeben.

Obwohl meine Freunde und Brüder versuchten, mich zu beruhigen, als ich ihnen meine Selbstmordabsicht mitteilte, habe ich gemerkt, dass sie meine Seriosität unterschätzten und meine Absicht nicht ernst nahmen.

Meinen Sie eigentlich, dass ich unfähig bin, einen Selbstmord durchzuführen? Dann ist es sehr ärgerlich, für unfähig gehalten zu werden, eine ganze persönliche Aktion wie Selbstmord zu begehen. Was sonst kann ich denn tun? So wurde die Herausforderung mich zu beweisen, zu meiner Besessenheit hinzugefügt.  

Als ich mich endlich überwunden hatte  und den Auslöser drücken konnte, hörte ich jedoch  keinen Knall, stattdessen roch ich Rauch und fühlte Bitterkeit im Mund. Ich wusste nicht, wie sich  Selbstmörder  üblicherweise fühlen, da ich mich zum ersten Mal  umgebracht habe. Ich habe also gemerkt, dass Selbstmord viel einfacher ist, als ich vorher gedacht hatte.

Meine Familie und Freunde eilten zum Ort, wo ich lag, vielleicht wegen dem Geräusch des Schusses. Es tat mir leid,  meine Mutter und meine Schwestern in  fürchterlichem Schrecken  zu sehen, denn ich hatte nicht beabsichtigt, sie in solchen Horror zu bringen. Ich überwand jedoch mein Bedauern schnell und suchte begierig nach den Gesichtern meiner Freunde und Brüder. Es war so wie ich es mir vor dem Selbstmord gedacht hatte, dass es bei ihnen ein Ausdruck des Erstaunens anstatt Traurigkeit oder Panik gab, damit fühlte ich mich zufrieden  und erlangte den Sinn für Humor und Spaß, den ich lange vermisst habe, wieder.  

Schließlich haben sie sich beruhigt und diejenigen, die ihren Augen auf den ersten Blick nicht getraut hatten, haben sich nun davon  überzeugt, dass ich  schon verwirklicht habe, was ich gesagt hatte.   

Der Dorffriedhof befindet sich nicht weit von meinem Haus. Als ich mit den Schritten der marschierten Sargträger hin und her schwankte und den Jammer meiner Familie und Angehörige hörte, zog sich  bei mir das Gefühl des Hochmuts zurück und das Gefühl der Machtlosigkeit  nahm zu.

Auf dem Friedhof, neben dem leeren Grab hat der Scheich des Dorfes mir aus einem Buch Empfehlungen für Verstorbene vorgelesen, was ich antworten soll, wenn zu mir die zwei Engel  kommen und mich nach  meinen guten oder schlechten Taten fragen. Es  war mir extrem langweilig, etwas zu hören, was ich auswendig kannte.

Schnell wurde ich hinab gelassen ins Grab, die Erde wurde auf mich gehäuft und ich wurde  allein gelassen.

*****

Ich habe gelauscht…

Niemand ist da! Kein Laut! Dunkelheit hüllte den Friedhof ein… Allein im Dunkeln, zitternd, erst jetzt habe ich wahrgenommen, dass ich eine dumme Tat begangen habe.